und zwar unter Einem, von vielen Surfern unbemerkt und meist vernachlässigt.
Die meisten Windsurfer machen sich viele Gedanken über das richtige Segel und Brett, dabei ist die Finne die Komponente welche den wichtigsten Kontakt mit dem Wasser hat.
Solange das Brett noch in Verdrängerfahrt ist, bekommt die Finne und das Schwert wenig Arbeit ab. Nahezu alle Bretter haben im Unterschiff von leicht ausgebildeten Konkaven bis zu Profilen ähnlich Bootsrümpfe, um besser ihre Aufgabe, Gleiten oder Schwimmen zu absolvieren.
Auch die Brettform ist entscheidend, klassisch lange schlanke Bretter mit viel Volumen sind in der Verdrängerfahrt schneller als breite flache Bretter, die häufig noch überspült und dadurch abgebremst werden. Es gab vor Jahrzehnten auch Bretter nur für die gemütliche Verdrängerfahrt mit fast 4m Länge.
Mit zunehmender Geschwindigkeit hebt das Brett durch das härter werdende Wasser ab. Die Fläche und Form des Bretts entscheidet wann die Gleitschwelle erreicht wird. Das Brett schwimmt nicht mehr im Wasser, sondern gleitet darauf, den Aqua-Planing-Effekt welche man beim Auto nicht haben möchte.
Das Segel erzeugt durch den einwirkenden Wind (Windströmung, Winddruck) die Vortriebs- und Querkräfte. Die entstehende Querkraft des Segels muss im Wasser eine Gegenkraft bekommen und in Vortriebskraft umgesetzt werden, um überhaupt einen gesteuerten Kurs fahren zu können. Die verschiedenen Kurse, halb zum Wind, also 90°, oder leicht schräg zum Wind Amwind-, Raumwindkurs belasten die Finne dabei unterschiedlich. Für den Vorwindkurs, wenn man nur vor dem Wind fährt, würde man eigentlich keine Finne benötigen. Im Amwindkurs ist die Belastung der Finne am größten.
Die Form des Rumpfes hat beim Gleiten eine andere Bedeutung als in der Verdrängerfahrt. Das wird aber nicht hier weiter behandelt, also zurück zur Finne.
In Gleitfahrt hält die Finne das ganze System auf Kurs. Es ist nahezu die einzige Komponenten im Wasser die die gesamte Windkraft aufnimmt. Bei Belastung der Luv-Kante erzeugt das Brett noch einen zusätzlichen Widerstand für die Querkraft. Normalerweise vermeidet man diese Ankantung, da es zum Anluven kommen kann und auch etwas bremst. Für den Amwindkurs aber auch hilfreich.
Finnenprofil
Ähnlich der Tragfläche am Flugzeug fliegt die Finne im Wasser nur eben um 90° gekippt.
Eine typische Tragfläche hat ein asymmetrisches Profil.
Um in beide Richtungen fahren zu können ist das Profil symmetrisch ausgeführt. Bei Kunstflugzeugen ist das Tragflächenprofil auch um Symmetrie bedacht, um besser auf dem Rücken fliegen zu können.
Herstellung der Symmetrie durch Überlagerung der Tragflächen durch Spiegelung
Da symmetrische Profile neutral im Auftrieb sind, ist der Anstellwinkel entscheidend.
Dieser Anstellwinkel wird folglich über die Längsachse des Bretts realisiert.
Es gibt sehr unterschiedliche Profilformen. Hier haben viele Hersteller und Finnenkonstrukteure ihre eigenen Berechnungen und Erfahrungen. Wer tief einsteigen will empfehle ich:
⇒ Maui_Ultra_Fins_Finnengeheimnisse-2011-04-09.pdf
Ein dickes Profil der Finne bedeutet
– viel Vortrieb – höherer Widerstand – gute Unterstützung beim Angleiten
ein dünnes Profil
– wenig Vortrieb – schnell – geringe Unterstützung beim Angleiten
Eine Spezialität stellen hier die Lessacher-Finnen dar. Diese Finnen haben ein wechselndes asymmetrisches Profil. Das sind zwei oder auch vier wechselnde Flächen.
Auf der Homepage unter „Technologie“ erklärt.
⇒ designlessacher.de
Mit diesen Finnen habe ich durchweg positive Erfahrungen, egal ob normale Form oder Seegrasfinne.
Zu beobachten ist, oder besser zu spüren, das bei einer Tendenz zum Spin-out, auch hervorgerufen wenn die Finne kurz über eine Welle frei läuft und Luft zieht, das Heck kurz weg geht aber dann wieder gerade läuft, also die Finne sich wieder „fängt“.
Generell bezieht sich der Beitrag auf das Windsurfen im Flachwasser, nicht in der Welle.
Wirkende Kräfte auf die Finne
Je aufrechter der Surfer auf dem Brett steht, desto weniger Seitenkräfte resultierend vom Wind, kann er auf das Brett und damit auf die Finne übertragen. Steht das Segel schräger und der Surfer hängt tief am Gabelbaum, verändern sich die Kräfteverhältnisse.
Die Gewichtskraft des Surfers liegt weiter Außen, wird aber vom Trapez über das Rigg auf den Mastfuß und auf die Brettkante eingeleitet. Auch wird etwas Gewichtskraft vom Lift des schräg stehenden Segels übernommen. Der Druck auf die Außenkante des Bretts über die Füße wird stärker horizontal eingeleitet, die Finne dadurch wesentlich stärker belastet.
Ist der Druck auf die Finne zu groß, die Geschwindigkeit zu gering, oder die Finne zu klein, kann es zum sogenannten Spin-out kommen. Die laminare Strömung um die Finne reißt ab, die Querkräfte können nicht mehr aufgenommen werden, das Brett verliert die Führung und das Heck bricht aus.
Vorallem im Amwindkurs kann es zum Spin-out kommen, da die Geschwindigkeit gegenüber den schnelleren Kursen, Halb- und Raumwind, verringert ist. Auch nach dem Angleiten, wenn die Geschwindigkeit noch nicht sehr hoch ist, aber man wieder Höhe ziehen will, können die Strömungsverhältnisse der Finne für die Belastung noch nicht ausreichend sein.
Eine lange Finne die tief im Wasser ist, stabilisiert das Brett als langer Hebel, aber desto mehr Kraft muss auch von der Kante des Brettes durch die Füße auf die Finne wirken. Dazu ist gegenüber der Brettbreite auch eine außenliegende Schlaufenposition notwendig, ansonsten kann das Brett aufkentern und wird nicht mehr beherrschbar.
Finnengröße
Setzt man die Dichte von Luft und Wasser ins Verhältnis, so ist der Faktor ca. 850.
Eine genaue Formel zur Umrechnung Segelfläche zu Finnenfläche gibt es nicht, da noch einige Parameter des Brettes eine Rolle spielen. Die Brettbreite im Standbereich, die Position der Fußschlaufen, wo also der Surfer seine Kraft einleitet, bestimmt hier auch die Größe der Finne.
Pro Quadratmeter Segelfläche sollte man 4cm – 5cm Stufung in der Finnenlänge kalkulieren. Den Anfangswert bestimmt man selber entsprechend dem Brettyp, -breite, eigenem Gewicht und Fahrkönnen. Nehme ich bei 80kg Eigengewicht, 75cm Brettbreite, 130l Brett bevorzugt eine 47cm Finne bei 8.5m² Segel, kann es bei einem 7.5er Segel eine 43cm Finne sein.
Eine Faustformel passt ganz gut: Segelfläche in m² * 5 + 5 = Finnenlänge in cm
8.5m² * 5 + 5 = 47,5 cm
7.5m² * 5 + 5 = 42.5 cm
6m² * 5 + 5 = 35 cm
Den Zusatzwert, in dem Fall +5, kann man auch entsprechend der Brettgröße nach oben für große Bretter und nach unten für kleinere Bretter anpassen.
Finnenformen
Der Einsatzbereich bestimmt wesentlich die Form der Finne.
Finnen für Freeride, Freerace, Freestyle, Wave sind in der Ausführung und Anzahl sehr unterschiedlich.
Im Wave-Bereich gibt es die klassischen Kurse so gesehen eigentlich nicht. Das Abreiten der Welle mit Unterstützung des Segels hat spezielle Anforderungen an die Finne bzw. Finnen, da immer mehr als eine verwendet wird. Die Finnen gleichen eher denen an den Wellen-Surfbretter.
Für den Flachwassereinsatz, dazu zählt Freeride, Freerace, Freestyle, auch Freemove (Crossover) werden meist eine Finne, seltener zwei eingesetzt.
Eine gute Übersicht gibt es bei den Angeboten von
⇒ Select Hydrofoils
⇒ Maui Ultra Fins
⇒ Unifiber
⇒ surfshop-windstaerke7 – Finnen Beratung
Freerace, Race
gerade senkrechte Anströmkante, drehunwilliger als gebogene Formen
hohe Leistung im maximalen Windbereich
dünnes Profil für hohe Geschwindigkeiten
in der Fläche meist schmal aber lang (tief) typisch bis 70cm
Freeride
leicht bogenförmige Anströmkante, bessere Beweglichkeit in Manövern
dickeres Profil für leichtes Angleiten
in der Fläche breiter ggb. Race, Länge, Tiefe typisch bis 50cm
Freestyle, Crossover, Freemove
leicht bis stark gebogene Anströmkante, Form nach hinten ausweichend
hohe Beweglichkeit
sehr unterschiedliche gebogene Formen, Länge, Tiefe typisch bis 30cm
Seegrasfinnen
diese Form der Finnen ist mit einem starken Winkel der Anströmkante versehen, damit Seegrass abgleiten kann. Dabei sind die unterschiedlichen Grundformen der Finnen für Freerace, -ride, -style beibehalten, nur entsprechend angewinkelt ausgeführt.
Problem bei den Seegrasfinnen ist der generelle Verlust an Leistung, was sich hauptsächlich beim Angleiten und im Amwindkurs bemerkbar macht. Mit der Finne Höhe zu ziehen ist schwieriger.
Der Finnendruckpunkt ist auch wesentlich nach hinten orientiert. Damit ist das Rigg in der Mastschiene entsprechend nach hinten zu korrigieren. Bestimmte Seegrasfinnen kompensieren das etwas, mit nach vorn gelagertem Finnenblatt am Kopf.
⇒ https://www.unifiber.net/windsurf-gear/fins/anti-weed-lessacher-weed-blade-g-10
Leider steigt auch die Verletzungsgefahr durch weit nach hinten, über das Heck hinausragende Finnenende, welches auch noch einem die dünne scharfe Seite nach oben zuwendet.
Eine sehr gut funktionierende Finne für Freeride ist die Lessacher Duo Bull Weed. Sie hat eine große Fläche, das typische asymmetrisch wechselnde Profil und das nach vorn platzierte Finnenblatt am Finnenkopf.
Einen aufschlussreichen Beitrag bietet auch das Surf-Magazin
https://www.surf-magazin.de/zubehoer/finnen/finnen-tuning-fuer-freerideboards-test-seegrasfinnen/
Materialien / Herstellung / Technologien
Material: thermoplastischer Kunststoff
Techologie: gegossen, gespritzt, gepresst
Verwendung: preiswert, exakte Form, weniger belastbar, für kleine Finnen, bei „K4 fins“ bis 40 cm
Material: glasfaserverstärkter Kunststoff, GFK Epoxydharz, Glashartgewebe Hgw
Material: G10 (Hgw 2372),hochdichtes GFK
Techologie: manuell geschliffen, maschinell gefräst CNC
Verwendung: teuer, hoher Materialverlust, -verschnitt, bei manueller Fertigung große Toleranzen, schwer, robust, gut nachschleifbar
Material: kohlefaserverstärkter Kunststoff, Carbonfaser
Techologie: in Formen gepresst, prepreg, Carbonfaser, GFK, oder auch gemischt, finish geschliffen
Verwendung: sehr teuer, leicht, exakte Form/Profil, hoch belastbar, bedingt nachschleifbar
Finnensystem
Die Windsurfbretter haben entsprechend ihrem Einsatzgebiet verschiedenen Finnenkopfformen und Befestigungen:
Powerbox –> Freeride, Freestyle, Freemove, Crossover
Tuttlebox –> Freeride, Freerace, Race
Deep Tutlebox –> Race, Freerace, Foils
Power Trim Box –> veraltetes System, Freeride, Freestyle
US-Box –> Wave
Slot Box –> Wave
Foilbox –> Foils
Erklärungen/Übersicht zu den Systemen gibt es auch hier:
⇒ https://www.surf-magazin.de/zubehoer/finnen/vergleich-finnenboxsysteme/
⇒ https://news.surfshop-w7.de/windsurfen/welche-windsurf-finne-kaufen-empfehlungen.html
Finnen sind auch Skandinavier!